Wegbeschreibung und Bilder bis Cáceres
Wegbeschreibung und Bilder ab Cáceres
Schlafe in Etappen, mal bellt Putter, mal kehren laute Nachtschwärmer heim, mal donnern Lastwagen vorbei, mal schnarcht José-Luis etwas lauter. Dann endlich morgen. Zuerst piepst Anna's Wecker, dann tütelt meiner. Wir stehen gleichzeitig auf und jeder packt seine Siebensachen. Ich gehe als erste los. Die anderen wollen noch in der Cafeteria der Tankstelle ihre gestern so lecker beschriebene Tostado mit Aceite essen. Ich bleibe bei meinen Früchten und nutze die Morgenfrische lieber zum Laufen. Begleite wieder mal die N630 oder sie mich. Nach ca. 1 Stunde taucht die Silhouette von Cáceres zum ersten Mal auf und spielt ab dann Verstecken mit mir. Noch 2 Hügel liegen dazwischen und dann eine lange Gerade im Stadtrandgebiet, wo sich Justiz und Spital angesiedelt haben. Noch vorher vorbei an militärischem Sperrgebiet, wo mir eine Horde joggender Männer entgegenkommt mit einer Frau als Schlusslicht, die mich fragt, wohin die anderen gerannt sind. Dann endlich kommt die Altstadt thronend auf einem Hügel in Sicht. Wir nehmen den Anstieg unter Füsse und Pfoten und ruhen uns dann auf einer Steinbank in einer ruhigen, schattigen Ecke direkt vor Parador und Oficina del Tourismo aus. Wasser für Putter und Banane für mich. Dann geniesse ich den Gang durch die ruhigen, schattigen Gässchen zwischen den mittelalterlichen Mauern von Kirchen, Palästen und Klöstern und erreiche schliesslich die grandiose Plaza Major, wo ich mich im Schatten von Arkaden zum spanischen Frühstück mit Cafe con Leche und Tostada con Aceite niederlasse. Putter kugelt sich gleich zusammen zum schlafen. Bald treffen die anderen 3 Pilger ein und lassen sich im Café nebenan nieder. Was jetzt? Wie weiter? Internetcafé wäre schön. Ein paar aufmunternde Worte lesen. Spüre, wie dünnhäutig ich geworden bin und beim Lesen laufen mir die Tränen herunter. Wie gern möchte ich wieder mal in den Arm genommen werden, mich einfach gehen lassen und an eine starke Schulter anlehnen. Bin ich auf Liebesentzug? Nach der Internetsession fühle ich mich wieder gestärkt und bin für das Pilgerpaar aus Zaragoza das verführerische Teufelchen, das mit einer Taxifahrt nach Casar de Càceres lockt.
Meine Verführung gelingt und um 15 Uhr treffen wir uns am Taxistand. José-Luis ist auch Taxifahrer und organisiert jetzt die Fahrt. Wir finden zu viert inkl. Putter und Rucksäcken Platz. Anna und José-Luis haben ein schlechtes Gewissen und überreden mich zum Stillschweigen über die Taxifahrt, wenn wir in die Albergue kommen. Entspannt und ziemlich frisch treffen wir dort direkt an der Plaza de España ein. Jordi ist obwohl zu Fuss schon da und frisch geduscht. Auch seine verschwitzten Klamotten hängen schon frisch gewaschen am Ständer. Das Pärchen zieht sich in den hinteren Teil zurück und ich nehme mir ein Bett in der oberen Reihe. Die Matratze fühlt sich angenehm an, nicht so hart wie die Matten von Valdasalor, aber auch kein Trampolinbett. Duschen und dann Siesta. Irgendwann weckt mich Putter's Bellen und ich nehme gleichzeitig unterdrücktes Liebesgestöhn war und freue mich drüber. Denke an meine letzte Liebesnacht mit Joe im Camper neben der Wettsteinbrücke am Rheinufer und an die erfrischende Dusche nackt mitten in Basel um 4 Uhr morgens...
Nach dem unüberhörbaren 6-Uhr-Schlagen der Glocke vom Ayuntamiento gehe ich mit Putter auf Futtersuche. In einem Dia-Laden kaufe ich eine Dose Hundefutter und mische sie dann mit ein bisschen Trockenfutter aus Mérida. In 2 Etappen frisst er es schliesslich. Nachdem Mittagessen in Cáceres habe ich nicht mehr viel Hunger und esse nur noch ein paar Früchte und 2 Magdalenas. Der Dorfprofessor hält mir derweilen einen 4-sprachigen Monolog über die romanische Kultur, zitiert Verse auf portugiesisch aus den Luisiadas von Camôes und summt Arien aus Madame Butterfly. Ich höre fasziniert und staunend zu und zum Schluss bedankt er sich noch für mein Zuhören.
Während José-Luis nach seinem Liebesabenteuer schon tief schläft, ist Anna noch hellwach und offeriert mir Torta de Cáceres, eine wie Pilgersocken stinkende, aber ganz wunderbar schmeckende Käsespezialität. Dazu Crackers und einen Schluck Wein. Und ganz nebenbei lerne ich auch noch die spanische Vergangenheitsform, die wie im Züritüütsch mit "haben" gebildet wird, was meinen Sprachsalat wieder etwas entwirrt. Gegen 22 Uhr liegen wir alle in unseren Kojen und versuchen trotz halbstündigem, aufschreckendem Glockengeläut zu schlafen. Irgendwann erwache ich mit dem Bild, dass ich auf dem Sterbebett liege, aber vorher noch ein letztes Mal Joe küssen möchte.