Samstag, 9. Oktober 2004

Tag 23, Von Salamanca nach El Cubo de Tierra del Vino

Wegbeschreibung und Bilder

Am Morgen erwache ich schon früh. Irgendwas rumort und hört sich an, wie die schleifende Leine von Putter. Da ich gestern abend nicht mehr mit ihm rausgegangn bin, beschäftigt mich eine ganze Weile der Gedanke, dass Putter irgendwohin pinkelt oder kackt und ich dann aufputzen muss. Doch aus dem warmen Schlafsack mag ich mich auch nicht aufraffen. So liege ich gedankenwälzend wach. Zum Glück ist es dann irgendwann 7 Uhr. Zeit aufzustehen. Mit Jesús habe ich verabredet um 8 Uhr loszulaufen. Draussen ist es bitterkalt und windig, doch kein Regen. Durch das langsam erwachende, von Wind und Regen erfrischte Salamanca zu laufen, ist ein Vergnügen. Jesús braucht noch einen Kaffee und steuert eine Bar an, während ich schon weiterlaufe. Da es sein erster Pilgertag ist, wird er mich so frisch ja wohl einholen. Nach Salamanca kommen wir ins freie Feld und der Wind pfeift uns um die Ohren und treibt Regenwolken vor sich her. In Callanos hoffen wir in der Bar Unterschlupf und etwas Warmes in den Bauch zu bekommen. Doch die Bar ist geschlossen und so heisst es, das erste Mal den Regenschutz herauszuholen und zu montieren. Er taugt nicht viel. Und ohne Jesús könnte ich ihn gar nicht richtig anziehen. Er stülpt ihn mir hinten über den Rucksack und schliesst die Seitenknöpfe, die der Wind jedoch bald wieder aufreisst. Wie eine Vogelscheuche mit wehenden Fetzen wandere ich so dahin. Zum Glück ist der Wind so stark, dass auch der Regenschauer bald vorbei ist und einem Loch mit blauem Himmel Platz macht.
Im nächsten Dorf hat die Bar offen und wir wärmen uns dort mit Kaffee auf. Jesús nimmt zuerst ein Bier, das tankt ("recuperar") den Körper am besten auf. Doch bei der Kälte schaudert es mich beim Gedanken an Bier. Dann geht es bald wieder auf die Carretera, wo wir bis El Cubo auf dem Pannenstreifen dahinwandern, eine schier endlose und zermürbende Strecke. Irgendwann geht es noch an einem riesigen Gefängnis vorbei. Dann über einen langgezogenen Hügel mit Kurven und dann endlich kommt die Abzweigung nach El Cubo. Doch im Dorf bin ich damit noch nicht. Jesús habe ich weit hinter mir gelassen. Dann endlich erreiche ich den Dorfplatz, wo auch der Pfarrer wohnt. Doch er ist nicht zuhause und so suche und finde ich die Kirche, wo die Albergue untergebracht ist. Und wer öffnet mir da? Jordi, wie immer schon frisch geduscht und eingerichtet. Wir umarmen uns und erzählen uns die letzten Erlebnisse. Dann trifft auch Jesús ein, völlig erledigt und mit schmerzverzerrtem Gesicht. 35km am ersten Tag sind kein Pappenstiel, auch nicht für einen Jesús. Doch die Härte kommt erst noch. Wir freuen uns natürlich darauf unsere strapazierten Muskeln unter einer warmen Dusche zu entspannen, als uns Jordi eröffnet, dass es nur kaltes Wasser gibt. Ich friere jetzt schon und da noch kalt duschen? Doch Jordi macht uns Mut und erzählt, wie herrlich er sich nach der Dusche fühlt. Ich kann es ihm ja auch ansehen. Also überwinde ich all meinen Widerwillen und siehe da, auch das geht. Jesús braucht noch etwas mehr Überwindung, doch dann erklingen plötzlich lautstarke Gesänge aus der Dusche. In der Dorfbar nehmen wir einen Apero und treffen auf ein holländisches Pilgerpaar, das Richtung Süden unterwegs ist. Dann nehmen wir die Einladung zum Nachtessen bei Pfarrer Don Tomas wahr.