Freitag, 8. Oktober 2004

Tag 22, Von Morille nach Salamanca

Wegbeschreibung und Bilder

Da ich allein in der Albergue bin, nutze ich die Privatheit für Morgengymnastik und um mich nackt abzubürsten. Das aktiviert die Durchblutung und wärmt. Viel Fett hat es nicht mehr auf den Rippen. Doch so werden auch mal die Reserven verbraucht und können dann wieder neu angelegt werden. Draussen erwartet mich kalter Wind und wildes Wolkenspiel am Himmel. Überlege noch kurz, ob ich mich wirklich in dieses Wetter wagen soll. Eine lange, schutzlose Strecke liegt vor mir. Doch dann laufe ich einfach los. Treffe wieder auf die Fussspuren von Andrea, der wohl gestern schon nach Salamanca gelaufen ist. Schon bald treibt mich ein heftiger Wind Salamanca entgegen. Auf der letzten Anhöhe raste ich und geniesse den Anblick der Silhouette von Salamanca mit seiner gewaltigen Kathedrale. Dann nehme ich die letzten Meter unter die Füsse und lande wieder mal mitten in einer Autobahnbaustelle, aus der ich Richtung Nationalstrasse entfliehe. Dann endlich kommt die Römerbrücke in Sicht, die ich überschreite und dann überwältigt bin von den riesigen Bauwerken Salamancas. Ich finde die Plaza Mayor und nehme ein verspätetes Frühstück mit Hochgenuss. Komme mir wieder mal wie im Schlaraffenland vor. Im Oficina del Turismo erhalte ich den Pilgerstempel und eine Karte mit der Information, wo die neue Herberge zu finden ist. Sie liegt gleich neben dem Garten von Galixto und Melibea, dem spanischen Liebespaar Romeo und Julia. Ich läute und sehe dann nach einer Weile jemanden im Handtuch aus der Dusche kommen. Er gestikuliert wild in meine Richtung und ich nehme an, das heisst, ich soll warten bis er sich was angezogen hat. Dann öffnet er und nach einer spanischen Begrüssung und dem obligaten "de donde eres" geht es auf gut bayrisch weiter, was mich schon mal gehörmässig schmelzen lässt. Allzu entscheidungsfreudig ist der Mann nicht, denn es dauert eine Weile, bis er alle Möglichkeiten, wo Putter bleiben könnte, überdacht hat. Doch dann ist er soweit und Putter darf in der Herberge unter der Treppe zu den Schlafzimmern übernachten. Ich darf erstmal nur meinen Rucksack abgeben. Zimmerbezug ist erst ab 15 Uhr. Ausgerüstet mit allen möglichen Infos mach ich mich dann halt noch immer in den Wanderschuhen und -klamotten auf zum Mittagessen und werde im Restaurante Valencia fündig, wo ich ein Menu mit allem drum und dran für 15 Euro vertilge. Da danach alles zu hat, geht es erstmal in einen Cybershop, wo ich emails beantworte. Aus Zeitmangel komme ich nicht mehr dazu einen Pilgergruss zu verfassen. Während ich schreibe, geht draussen der erste Regenschauer seit Beginn meiner Pilgerung nieder.
Danach belebt sich die Stadt wieder und ich gehe einkaufen für Putter und mich. Mag abends nicht nochmal ins Getümmel. Ich finde wunderbaren Jamon aus Guijuela für 50 Euro pro kg. Nicht gerade billig, aber es lohnt sich. In einem winzigen Gemüseladen kaufe ich Trauben und Feigen und will noch eine Flasche Wasser. Doch stattdessen verkauft mir der Besitzer eine Flasche seines Weins für 1.50 Euro mit den Worten "con pan y vino se anda el camino", sehr überzeugend. Schwer beladen und etwas gestresst, weil jetzt keine Zeit mehr für Besichtigungen ist. Muss halt mal wiederkommen. Salamanca ist es wert. In der Albergue sitzen jetzt ein paar Frauen und heissen mich sofort herzlich willkommen und freuen sich über Putter. Sie sind von der Vereinigung Los Amigos del Camino und hüten ab und zu die Herberge. Dann endlich Duschen. In meiner Abwesenheit ist noch ein weiterer Pilger eingetroffen. Dann kommt Raimund wieder und er nimmt meine Einladung zum Mitessen gerne an. Es gibt einen Tisch voll von Trauben, Feigen, Tomaten mit Oregano, Salz und Azeite, Jamon und Queso und natürlich Wein. Eine herrliche Schlemmerei, während der mir Raimund erzählt, dass er schon 4mal den Camino gelaufen ist und jetzt hier spanisch lernt. Er ist Pädagoge nd hat eine Doktorarbeit über die Erziehungskonzepte von katholischen Hochschulen geschrieben. Ziemlich brotlos. Jesús, der andere Pilger, stösst noch dazu und der Abend wird immer spanischer und heiterer und endet schliesslich mit einem Schluck Chinchón und Teller spülen.