Mittwoch, 29. September 2004

Tag 13, Von Aljucén nach Alcuéscar

Wegbeschreibung und Bilder

Schlafe wunderbar bis mich Putter um halb sieben schon wieder weckt. Nach einem kurzen Spaziergang packe ich meine Sachen, esse noch die übrigen Trauben und eine Banane und dann mache ich mich wieder auf den Weg in die frische Morgendämmerung hinein. Zuerst noch ein bisschen Asphalt, doch dann geht es ohne irgendeine menschliche Begegnung und ebenso ohne die befürchtete Begegnung mit den Mastines durch Korkeichenweiden, 2 schöne Hochebenen und zum Schluss noch über einen Hügel, von dem aus die Kirche von Alcuéscar zu erblicken ist. Nach knapp 5 Stunden inkl. halbstündiger Pause bin ich etwas geschafft und lagere mich im Schatten eines Strompfeilers, dessen Betonsockel wunderbar kühl ist. Nochmal Füsse an die frische Luft strecken, Wasser trinken und ein paar Datteln essen, dehnen und mit den Zehen wackeln. Dann wandere ich in Alcuéscar ein, wo ich erstmal die Ebbe in meinem Portemonnaie in Flut verwandle, dann für Putter eine Dose Hundefutter im Dia kaufe und mir das Dorf ansehe und nach einem gemütlichen Verweilplatz Ausschau halte. Ich werde im Meson Alejandro fündig, wo ich mir von Pepe, einem Spanier wie aus dem Bilderbuch, einen Teller mit Jamon, Judias verdes, Papas bravas und Magro en Tomate zusammenstellen lasse. Zu einem Bier schmeckt das herrlich. Putter hat sich gleich hingelegt und schläft friedlich. Hat nur ein paar Happen Jamon genommen. Teurer Geschmack! Bin Zuschauerin im spannenden Dorftheater. Nach einem Cafe con Leche mit Wasser breche ich auf und finde einen friedlichen Park Brunnen und Wasserzapfstelle. Dort lasse ich mich zur Siesta nieder. Will die Mönche im Kloster "Hermanos de Maria y los Pobres" noch nicht stören. Ein alter Mann und eine Schar Kinder kommt vorbei, die sich alle auf englisch mit Namen vorstellen. Sie wollen wissen, wo ich schlafe und nennen das Kloster "Casa de Locuras". Als das Klosterglöcklein wieder ruft, folge ich ihm und betrete zum ersten Mal ein Kloster. Der Bruder Pförtner bittet mich und auch Putter gleich herein und stempelt die Urkunde. Dabei ist mir peinlich, dass ich die Personalien darauf noch nicht ausgefüllt habe. Dann erkundigt er sich, ob ich Futter für Putter habe und überlässt mich dann der Obhut von José Angel, der Jeans trägt statt Kutte und auch ein bisschen englisch spricht. Dieser zeigt mir zuerst einen Platz für Putter, bevor er mir dann die Zelle 6 zuweist und die Klosterregeln für Gäste erklärt. Vor dem Duschen bringe ich Putter noch Futter und José Angel improvisiert mit seinem Mini-CH-Taschenmesser einen Wassernapf. Dann endlich Duschen. Welch wohlige Erfrischung! Werde bald mit den Brüdern essen und nach dieser Nacht wieder um eine Erfahrung reicher sein.
Erkenntnis damals: Hab mich wieder mal vergeblich ins Bockshorn jagen lassen durch Erzählungen von anderen und mir Sorgen um Putter gemacht, dass er von den Mastines zerfleischt werden könnte.
Erkenntnis 4 Jahre später: Es ist weise, mögliche Gefahren zu kennen und sich ohne Angst darauf vorzubereiten. Und dann, wenn die Gefahr nicht eintritt, sich darüber zu freuen. Und jetzt freue ich mich, dass ich in den 4 Jahren was dazugelernt habe.
Geständnis: Die Evelyn von damals hatte nicht den Mut und die Entschlossenheit, ihren Vorsatz wahrzumachen. Statt mit den Mönchen zu essen, ging sie in die Stadt und irrte herum gequält von ihren Ängsten, sich falsch zu benehmen oder was falsches zu sagen. Die Evelyn von heute erlaubt sich und anderen, Fehler zu machen und versucht, daraus zu lernen und sie sich und anderen zu verzeihen.